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Die beiden mitteldeutschen Modelleisenbahn-Hersteller Carl Liebmann Metallwerke Stadtilm und Zeuke & Wegwerth Berlin-Köpenick waren zumindest im Westen Deutschlands beinahe unbekannt. Das hat sich durch das Medium Internet und die dort stattfindenden Auktionen grundlegend geändert. Obwohl ich meine Zeuke-Bahn nie zum alten Eisen gezählt habe, war ich doch sehr überrascht, wieviel von den alten Bahnen die Zeiten überdauert hat und wie begehrt sie heute wieder sind.

Ein kleiner Ausflug in die Zeitgeschichte

Die beiden Modellbahnfirmen, mit denen sich meine Website beschäftigt, zeichnen sich nicht nur dadurch aus, daß sie in Mitteldeutschland beheimatet waren. Es waren vor allem auch Firmen, die in Zeiten von Mangelwirtschaft Beispielhaftes geleistet haben.

Die Annahme, dass die Carl Liebmann Metallwerke bereits ab 1938 Modelleisenbahnen der Spurweite 0 produzierten, ist durch die Recherchen von Ralf Hennemann (Modelleisenbahnen aus Stadtilm, Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH) widerlegt. Die Firma wurde zwar im Dezember 1942 gegründet, produzierte jedoch erst Ende 1948 Modelleisenbahnen in der Spur 0.

Die schwäbische Traditionsfirma Märklin hatte 1936 mit der Produktion der Spurweite H0 begonnen. Wenngleich danach noch einige sehr schöne Spur 0-Modelle erschienen, konzentrierte man sich nun auf die kleine Spur, bei der man aus der gleichen Weißblechmenge mehr Wagen und Zubehör herstellen konnte.

Der II. Weltkrieg bedeutete das Aus für die Spielzeugproduktion, die 1941/42 zugunsten der Rüstungsproduktion eingestellt wurde. Erst 1945 nach Kriegsende konnte wieder Spielzeug hergestellt werden. Bei Märklin war das im Dezember 1945. Bis 1947 widmete man sich lediglich der Produktpflege.

Auch in Mitteldeutschland, aus dem nun Ostdeutschland geworden war, gab es bereits 1945 wieder Modelleisenbahnen. Der Wiederaufbau der zerstörten Wirtschaft mußte in Ostdeutschland aus eigener Kraft bewältigt werden, denn Unterstützung von außen gab es in der Sowjetischen Besatzungszone nicht. Im Gegenteil - es mußten Reparationen geleistet werden, so daß sich die Lebensbedingungen der Bevölkerung nur langsam verbesserten. Als es den Menschen materiell besser ging, was nicht zuletzt durch den gescheiterten Volksaufstand am 17. Juni 1953 erkämpft worden war, zählten die Modelleisenbahnen aus Berlin-Köpenick und Stadtilm zur "Bückware", die man unter dem Ladentisch versteckte. Gewiß, die Modelleisenbahnen wurden auf der Leipziger Messe ausgestellt, aber wohl mehr zur Propaganda als zur Absatzförderung. Aus diesem Grund sind auch Kataloge aus dieser Zeit eine Rarität.

Für den Vertrieb gab es zwei Hauptschienen, nämlich die HO (staatliche Handels-Organisation) und den Konsum. Private Geschäfte, die es damals auch noch gab, wurden in der Warenzuteilung hintenan gesetzt. Ein Gutes hatte die Planwirtschaft: der Mangel trieb die Preise nicht in die Höhe. Für viele Produkte galten noch lange Zeit die "Stoppreise 1944".

Unter solchen Bedingungen kann sich so manches Produkt erhalten, das in einer Marktwirtschaft nicht mehr absetzbar wäre. So erlebten die Modelleisenbahnen der Spur 0 in der Sowjetischen Besatzungszone bzw. in der 1949 gegründeten Deutschen Demokratischen Republik (besser als DDR bekannt) noch einmal eine Blütezeit, obwohl ihre Zeit bereits abgelaufen war. Doch auch unter diesen Verhältnissen war der Vormarsch der kleinen Spurweiten nicht aufzuhalten, nicht zuletzt wegen ihres geringeren Platzbedarfs und der gestiegenen Ansprüche an die Modelltreue.

Carl Liebmann Metallwerke

Die Firma Carl Liebmann Metallwerke in Thüringen nahm Ende 1948 die Fertigung von Modelleisenbahnen auf. Ihre Modelle tragen die Züge handwerklicher Fertigung. Charakteristisch für die ersten Modelle war die Fertigung aus Aluminium.

Die Fabrik in Stadtilm

Liebmann-Modelle waren häufigen Änderungen unterworfen, wohl auch, um sich der wechselnden Materialsituation anzupassen.

Die Firma wurde bereits Ende 1952 verstaatlicht (die letzten Privatbetriebe wurden in der DDR erst 1972 enteignet) und firmierte nunmehr als VEB (K) Metallwarenfabrik Stadtilm (VEB = Volkseigener Betrieb, das K steht für einen der Kreisverwaltung der SED unterstellten Betrieb). Auslöser für die ungewöhnlich frühe Enteignung des Betriebes war die Flucht von Carl Liebmann in den Westen Deutschlands.

Liebmann verwendete Gleichstrom von 20 V, wobei die beiden Außenschienen leitend miteinander verbunden waren. Dementsprechend wurden metallische Radsätze verwendet, die auf Zeuke-Anlagen einen Kurzschluß verursachten. Es gab naturgemäß keine Beschränkungen bei Kehrschleifen und den beliebten "Achten".
Auch technologisch war Liebmann deutlicher der Tradition verpflichtet. Wagen und Lokomotiven wurden konsequent aus Aluminiumplatten bzw. Blech gefertigt. Allerdings scheint die T 48 eine Ausnahme gemacht zu haben. Sie hatte ein Bakelitgehäuse, vielleicht das gleiche, wie die T 48 der Fa. Zeuke.
Liebmann-Erzeugnisse haben ihren Stil mehrmals geändert, das Sortiment war entsprechend vielfältig.
Liebmann hat um 1956 seine Spur 0-Produktion eingestellt und danach noch etwa 10 Jahre Spielzeugeisenbahnen in der Spurweite S (22,5 mm) gefertigt.

Zeuke & Wegwerth KG

Der Feinmechaniker Werner Zeuke begann im Winter 1945/46 in Berlin-Köpenick als Feinschlosserei und Gerätebau Werner Zeuke mit der Produktion von Modelleisenbahnen. Zunächst waren es Einzelanfertigungen. Im Frühjahr 1946 kündigte Zeuke in Inseraten an, dass er in Kürze in der Lage sein werde, komplette Modellbahnanlagen, vorzugsweise in der Spur 0, herzustellen. In handwerklicher Fertigung entstanden Modelle, die heute Sammler-Raritäten sind. Die Lokomotiv-Gehäuse bestanden aus Aluminium-Guß - vermutlich Sandguß - und besaßen eine Handumschaltung für die Fahrtrichtung. Gefahren wurde im Dreischienen-Zweileiter-System, bekannt von den Großen der Branche, wie Märklin, aber auch Liebmann verwendete dieses System. Weil auch Zinkdruckguss verwendet wurde, der durch "Zinkpest" rasch korrodierte, sind Originalmodelle aus dieser Zeit Raritäten.

Ein Zeitzeuge berichtete 1946:
Kürzlich stattete ich der Werkstatt des Weihnachtsmannes einen Besuch ab. Sie liegt nicht einmal weit, draußen in Köpenick, in der Grünauer Straße 10. An der Tür steht: „Feinschlosserei und Gerätebau Werner Zeuke". Ein kurzes Anklopfen, und schon steht man mittendrin in dem kleinen Wunderland für junge und alte Freunde des Eisenbahnmodellbaus: Bunt zusammengewürfelt grüßt sie uns von allen Tischen und Brettern: die Ware - dort Fertigware, da Halbfertigware, Ersatzteile, Schwellen, Blechprofile, Schienen, Weichen, Lok-Achsen, halbfertige und fertige Loks mit Tendern, Personenwagen, Trafos ... Und schon steht er neben mir, der Schöpfer dieser Bahnen, ein junger, rühriger Mann mit viel Talent und gutem Unternehmungsgeist: der Inhaber dieser Werkstatt, Herr Zeuke. Er hat nicht viel geredet, seitdem er nach den Kriegswirren wieder von vorn anfangen mußte, aber er hat gehandelt! Und so schuf er uns in mühevoller, vorbereitender Arbeit die neue 0-Bahn mit B-Lok, 2a-Tender und 4 Personenwagen, dazu Schienen in Weißblech, je Länge auf 6 Holzschwellen befestigt. Auch ein Trafo gehört zur kompletten Bahn.Und der Preis? Er liegt für die komplette Bahn etwa um 250,- RM. Jedenfalls ist die Werkstatt von Zeuke die erste in ganz Deutschland. die nach dem Kriege nun wieder Bahnen mit elektrischem Antrieb in Spur 0 liefern kann! Zu diesem schönen Einfall kann man Herrn Zeuke nur gratulieren! Jetzt plant er den Ausbau der Produktion in serienmäßiger Herstellung und hofft, nach Weihnachten einen Personenzug-Packwagen, einen geschlossenen Güterwagen und einen offenen Güterwagen in Spur 0 herausbringen zu können. Die Lok, schwarz lackiert, mit rotem Rahmen, roten Rädern und roter Pufferbohle, ist B-gekuppelt, die Attrappe der Zylinder recht ansprechend mit Steuerungsventil, überhaupt ist das ganze Triebwerk sehr ansprechend und unterscheidet sich allein schon dadurch vorteilhaft von den früheren Industrie-Lokomotiven dieser Achsfolge, weil hier die Kuppelstange nicht fehlt und ein runder Kolben - und keine eckige Stange, wie bei anderen Fabrikaten in den Zylinder führt. Die Lok hat keine Beleuchtung, dafür aber fehlt vorn die Kupplung nicht. Alle Fahrzeuge haben selbstverständlich Puffer. Und nun einige Maße: Lokomotive: Durchmesser der Treibräder: 36 mm. Lok-Länge über Puffer: 210 mm, Höhe bis Schornsteinspitze: 85 mm, Breite 57 mm, Kesseldurchmesser: 40 mm, Gewicht der Lok: 1000 g. Die Lok ist im Führerhaus mit Handumschaltung versehen. - Tender: Länge 110 mm, Gewicht des Tenders: 500 g. - Personenwage n : Länge über Puffer: 170 mm, Breite des Wagenkastens: 55 mm. Der Wagen hat Ähnlichkeit mit dem Märklin-Wagen 1725, blaugrün gestrichen. Herr Zeuke hat natürlich schon sehr viele Bestellungen vorliegen, hofft sie aber restlos bis Weihnachten ausführen zu können. Die große Zahl der Aufträge` auf 0-Bahnen ist ein erneuter Beweis dafür, dass heute eine große Zahl Modellbahner wieder von der kleinen Spurweite zu den größeren Spuren abwandert, was sicher damit zusammenhängt, dass man in 0 viel besser selber bauen kann als in 00.

Gemeinsam mit Helmut Wegwerth gründete Werner Zeuke vermutlich 1947 die Firma Zeuke & Wegwerth. Inzwischen war man zur Serienfertigung von Modelleisenbahnen übergegangen. Ab März 1950 produzierte man das Dreischienen-Dreileiter-System, das für Zeuke charakteristisch ist. Unter Einsatz von Kunststoffen entstanden Modelle in der Nenngröße 0. 1956 nahm die Firma "staatliche Beteiligung" auf. Das war die damals in der DDR übliche Form, die wenigen Privatbetriebe noch wirksamer dem staatlichen Einfluß zu unterwerfen.

Die Betriebsspannung betrug 20V ~. Das Sortiment der Fa. Zeuke & Wegwerth KG war weitgehend standardisiert und technologisch durchdacht. Aus nur wenigen Grundkomponenten wurde das gesamte Sortiment entwickelt. Die automatische Zeuke-Kupplung ist nach meiner Überzeugung die beste, die es in der Spur 0 gab. Sie hatte nur den einen Nachteil, daß sie bei uneben verlegtem Gleis zum spontanen Entkuppeln neigte.

Die Fabrik in Berlin-Köpenick

Die Fa. Zeuke & Wegwerth hat bis 1962 Modelleisenbahnen in der Spurweite 0 hergestellt. Übrigens hat Zeuke stets darauf hingewiesen, daß es sich um Spielwaren handelt. Das Sortiment war im Vergleich zu Liebmann oder gar Märklin gering, aber es dürfte wenige Sammler geben, die über alle Stücke verfügen.

Es ist bemerkenswert, daß es nach März 1950 keine nennenswerten Änderungen am System gab. Die beiden charaktristischen Merkmale der Zeuke-Bahnen sind die automatische Kupplung und das Dreileiter-Wechselstromsystem mit doppelter Motor-Feldspule.

Über die Erzeugnisse zwischen 1945 und 1949 ist inzwischen einiges bekannt. Mit drei Lokomotiven mit Alu-Guß-Gehäuse hat es begonnen. Die T48 und die FD50 leiteten gleitend über zu dem weitgehend standardisierten Sortiment der späteren Jahre ab 1949, das durch die Lok-Gehäuse aus Bakelit so charakteristisch ist. Die anfangs verwendete Hakenkupplung ähnelt der Liebmann-Kupplung, ist jedoch als Gußteil ausgebildet.

Das einprägsame Zeuke-Logo wurde bereits in den Anfangsjahren verwendet, anfangs noch mit "Made in Germany" gekennzeichnet.

Die frühe T48 ist offensichtlich auch von Liebmann vertrieben worden und später hat man bei Liebmann bzw. Stadtilm die Pilzschleifer und die Lokomotiv- und Wagenräder aus Kunststoff übernommen. 1955 hat Zeuke die Liebmann-Produktionsstrecke von Stadtilm erworben. Insbesondere die T 64 von Liebmann ist von beiden Firmen produziert worden.

Wie sich allerdings bald zeigte, führte die konsequente Modellstandardisierung und -vereinfachung bei den Uhrwerks- und Batteriebahnen in die Sackgasse der Billigprodukte, die letztlich ihre Daseinsberechtigung verloren haben.

Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1957 stellte die Zeuke & Wegwerth KG ihre ersten TT-Modelle vor. Erstaunen rief nicht nur die damals noch unübliche hohe Detaillierung hervor. Zeuke präsentierte vor allem ein erstes Komplettangebot von Schienenmaterial über Zubehör bis zur einem ersten Dampflokmodell.

1972 wurde die Zeuke & Wegwerth KG verstaatlicht, wie übrigens auch alle damals noch existierenden Privatbetriebe der damaligen DDR. Das Firmenlogo mit dem Namenszug "Zeuke" verschwand schrittweise von neu produzierten Modellen. Der Betrieb firmierte nunmehr unter VEB Berliner TT-Bahnen.

Werner Zeuke übernahm 1990 wieder die Geschäftsleitung. Das reprivatisierte Unternehmen firmierte als Berliner TT-Bahnen Zeuke GmbH. Mit der Währungsunion wurde die Firma Zeuke weitgehend vom Markt der osteuropäischen Länder abgeschnitten. Bislang gingen ca. 30 Prozent der Produkte in diese Länder.
1991 geriet die Firma Zeuke in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mit der Treuhand wurde ein neuer Vertrag abgeschlossen, der die Einstellung eines neuen Geschäftsführers vorsah. Doch bereits 1993 wurde für die Firma Berliner TT-Bahnen Zeuke GmbH das Konkursverfahren eröffnet.

Heute führt die Fa. Tillig in Sachsen die TT-Produktion weiter. Eine kleine Schauanlage in der Spurweite 0 erinnert an die Modelleisenbahnen in der Spurweite 0, mit denen Werner Zeuke nach 1945 sein Lebenswerk begann.

Quellenangaben:

Dieter Kleine-Möllhoff, Forst:
Über die Entwicklung großspuriger Eisenbahnen,
Modelleisenbahner  4/84, S. 20 - 23; 5/84, S. 22/23; 6/84, S. 22 - 25

Peter Wieland:
Zeuke lebt!
eisenbahn magazin 7/2001, S. 94/95

www.mdr.de:
Stationen einer TT-Modellbahngeschichte, 2003

tauschboerse-hirzbergbahn.de, 2009
Zeuke Spur 0 Info´s

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