Erinnerungen an vergangene Dinge
Zeuke
Die Firma wurde im Ostteil von Berlin kurz vor Ende des II. Weltkriegs gegründet. Nach dem Krieg schloß sich Werner Zeuke mit Helmut Wegwerth zur Zeuke & Wegwerth KG (KG = Kommanditgesellschaft) zusammen. Als die sowjetische Administration die Wiederaufnahme der Spielzeugproduktion anordnete, begann Zeuke 1946 mit der 2'C-Lokomotive 'FD 50'. Das war aus verschiedenen Gründen bemerkenswert: es war ein Modell der berühmten 'Borsig'-Stromliniendampflok, mit einem Bakelit-Gehäuse und Metallguß-Rädern. Ausgelegt für elektrischen Dreischienenbetrieb hatte sie einen 24V Wechselstrom-Motor und einen Handschalter für die Fahrtrichtungsänderung. Die FD 50 zeigt, daß nach dem Krieg die Idee von Modelleisenbahnen schon so stark war, daß Zeuke von Beginn an versuchte, realistische Modelle zu kreieren. Bakelit wurde das bevorzugte Material für Lokomotiven und Schnellzugwagen, da es mehr Details erlaubte als die traditionellen Tinplates. Zeuke bahnte dann einem einzigartigen 3-Schienen-Wechselstromsystem den Weg, entwickelt, um zuverlässig das Problem der Fern-Fahrtrichtungsumschaltung zu lösen. Anstatt nur der mittleren Schiene wurden alle drei isoliert, weshalb alle Fahrzeuge isolierte Räder aus Phenoplast haben mußten. Die Lokomotiven hatten zwei gefederte Pilzschleifer für jede Sciene, sechs insgesamt. Die zentrale Schiene bildete immer die Erde, während eine der äußeren Schienen zum Antrieb des speziellen 24V-Wechselstrom-Motors bestimmt war, der eine geteilte Feldwicklung besaß, eine Hälfte für vorwärts, die andere für rückwärts. Spätere Modelle wie die C T55 verfügten über 18V-Motoren. Damit fand Zeuke eine elegante und absolut verläßliche Lösung für die Fern-Fahrtrichtungsumschaltung, frei von den früher allgemeinen Problem der unerwünschten Umschaltung, falls der Strom zufällig unterbrochen wurde, z.B. beim Überfahren von Schienenstößen. [Udo Becher, Werner Reiche, "Bodenläufer, Spielbahn, Supermodell", Leipzig 1981, pp. 168]. Der einzige Nachteil war ein ästhetischer: die Phenoplast-Räder waren eher von einem traurigen Braun, das ist besonders unglücklich, wenn man es mit dem leuchtenden Rot von heutigen Bahnen vergleicht. |
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Schaltbild des Zeuke 3-Schienen Wechselstromsystems [nach U. Becher, W. Reiche] |
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Zeuke 3-Schienensystem mit drei isolierten Schienen: Links die Zeuke T55 C-Tenderlokomotive, rechts die BR 64 1'C1'-Tenderlokomotive (die Schleifer für die mittlere Schiene fehlen). Zeuke stellte auch ein breites Sortiment von rollendem Material in Tinplate-Technik her, mit ganzflächigen Schiebebildern zur Beschriftung und Darstellung zusätzlicher Details, wie der Holztäfelung von Güterwagen. Die Kupplungen waren automatisch, aber meines Erachtens viel funktioneller und ansehnlicher als die Hornby-Version. Das Eisenbahn-Zubehör schloß Licht- und Formsignale mit Schaltgleisen ein, eine prächtige Signalbrücke, ein elektromagnetisches Entkupplungsgleis und Bahnübergänge. Eisenbahngebäude waren aus gipsüberzogenem und bemaltem Holz gefertigt. 1955 kaufte Zeuke & Wegwerth die gesamte Spur 0-Produktion der Firma Stadtilm auf und setzte die Produktion von Teilen des Sortiments fort einschließlich der BR 64 1'C1'-Tenderlok. Alle Züge waren gemarkt "Zeuke-Bahnen, Elektro-mechanische Qualitätsspielwaren". Die Zeuke 3-Schienen-Lokomotiven, die ich kenne, sind:
Das rollende Material umfaßte Bakelit-Personenwagen sowie eine große Vielfalt von Tinplate-Personen- und -Güterwagen:
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F50 'Borsig' Stromlinienlokomotive, 2'C-Version |
F50 'Borsig' Stromlinienlokomotive, |
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T48 C-Tenderlokomotive, Zeuke-Katalog 1957 |
T55 C-Tenderlokomotive |
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T48 B-Tenderlokomotive, 3-Schienengleis |
Realistisches Ganzflächen-Abziehbild auf einem Güterwagen, beachte 'USSR-Zone' |
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T48 B-Tenderlokomotive, batteriebetrieben |
T48 B-Tenderlokomotive, Uhrwerksantrieb |
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E44 Bo-Bo Elektrische Lokomotive |
MITROPA-Speisewagen aus Bakelit |
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Neben den 3-Schienen Modellbahnen produzierte Zeuke eine Reihe von Spielzeugeisenbahnen mit Batterie- oder Uhrwerks-Versionen der T48 Bakelit-B-Tenderlokomotiven, und auch eine Reihe von Tinplate-Wagen. Die Batterie-Lokomotiven besaßen einen kleinen 4,5 V-Gleichstrommotor und glänzend rote PVC-Räder mit Haftreifen (das war ansprechender als die braunen Phenoplast-Räder der 3-Schienen- und Uhrwerksversionen). Die einfachen Hakenkupplungen waren mit den firmeneigenen Automatikkupplungen nicht kompatibel, und die Wagen besaßen keine Puffer. Obwohl die Lokomotiven über einen Rückwärtsgang verfügten, war die fehlende Frontkupplung an einer Tendermaschine enttäuschend. Als letzte Spur Null-Neuheit wurde im 1961/62er Katalog die batteriebetriebene Kabinenlokomotive “B 60” vorgestellt, in zwei Ausführungen als Diesel- oder E-Lok mit Stromabnehmer. Nur wenige dieser Lokomotiven wurden verkauft, und da die dünnen Plastgehäuse schnell zerbrachen, dürften nur sehr wenige überlebt haben. |
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Die letzten Batteriebahnen aus dem 1961/62er Katalog. Die folgenden Bilder zeigen einen Katalog, einen Kartondeckel und die auf Wagen und Kartons verwendeten Firmenzeichen. Von Interesse sind auch die Vergleiche zwischen den Modell- und Spielzeugeisenbahn-Ausführungen (Kühlwagen) sowie zwischen Zeuke- und Liebmann-Designs, z.B. für den Personenwagen. Der Zeuke-Tinplate-Wagen mit seinen geprägten Nieten und hervorgehobenen Fensterrahmen ist ansprechender als der eher nüchterne Liebmann-Aluminium-Wagen. |
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Zeuke-Katalog 1957 |
Zeuke Uhrwerkszug-Kartondeckel |
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Zeuke-Firmenschild auf der Unterseite des Wagens |
Zeuke-Warenzeichen auf einem Karton |
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Zeuke Kühlwagen. Modell-Sortiment links mit Puffern und Automatik-Kupplungen, Spielzeugeisenbahn-Sortiment rechts ohne Puffer und nur mit Hakenkupplungen. |
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2achsiger Personenwagen "Donnerbüchse", Zeuke (links) verglichen mit Liebmann (rechts). Als Zeuke die ersten TT-Modelle auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1957 zeigte, markierte das den Anfang vom Ende der DDR-Spur 0. Nach 1961 fertigte Zeuke keine elektrischen 3-Schienen-Eisenbahnen mehr, auch die 1955 von Stadtilm übernommenen nicht. Die batteriebetriebenen Spielzeugeisenbahnen waren noch für einige Jahre verfügbar, bis alle Mittel auf TT konzentriert wurden. Zeuke & Wegwerth KG überlebte die 1960er nicht als Privatbetrieb. Die Firma wurde als "VEB Berliner TT-Bahnen" verstaatlicht, nachdem der Staat das benötigte Kapital für die kostspieligen Plastspritzgußmaschinen zur Verfügung gestellt hatte. Wie auch immer, der Name "Zeuke'"war so populär, daß er im Warenzeichen erhalten blieb. |